Aleksander Aamodt Kilde: „Ich will den Super-G gewinnen“
Kampfansage von Aleksander Aamodt Kilde, Sieger der Südtirol Ski Trophy 2017 Er ist 26 und längst aus dem Schatten seiner erfolgreichen Landsmänner gesprungen: Aleksander Aamodt Kild stand 2015 in Gröden zum ersten Mal auf dem Podest und gewann im selben Jahr den Super-G-Weltcup – trotzdem sieht er sich noch in der Lernphase. Langfristig will er um den Gesamtweltcup fahren.
Herr Kilde, wie fühlt es sich an, auf ihren Landsmann Kjetil Jansrud als Sieger der Südtirol-Ski-Trophy zu folgen?
Ich habe mich sehr über diese Auszeichnung gefreut. Es ist eine wunderbare Initiative und belohnt die Fahrer, die technische und schnelle Disziplinen fahren. Von denen gibt es im Weltcup leider nicht sehr viele. Das ist schade.
Warum sterben die Allrounder aus?
Dafür gibt es einen einfachen Grund: es fehlt die Zeit. Es geht sich nicht aus, die schnellen und die technischen Disziplinen ausreichend zu trainieren, um ganz vorne mitzufahren. Ich sehe mich selbst als Speed-Fahrer, möchte aber auch mein Level im Riesentorlauf halten. In den schnellen Rennen profitiere ich vom technischen Training und das möchte ich auch beibehalten – solange wie möglich. Die Voraussetzungen werden immer anspruchsvoller und die Läufer spezialisieren sich immer mehr.
Worin liegen die größten Unterschiede zwischen technischem Training und Speed-Training?
Es sind geographische und logistische Unterschiede: Für die Abfahrtstrainings brauche ich lange Pisten, mehrere Trainer, die die ganze Strecke abdecken und ich kann weniger Läufe bestreiten. Ein Slalom-Training ist viel einfacher: ein Kurs von 30 Sekunden reicht und ich kann den Lauf etliche Male wiederholen. Diese beiden Arten des Trainings zu kombinieren ist praktisch unmöglich; man kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.
Wie sind Sie selbst ein Speed-Skifahrer geworden?
Wie alle jungen Skiläufer habe ich mit Slalom und Riesentorlauf begonnen. Nach und nach kam ich auf die schnellen Pisten, wo ich mich sehr wohl gefühlt und mich schnell verbessert habe. Nach einem guten Jahr im Europacup wurde ich ins kalte Wasser ‚Weltcup‘ geworfen und habe mich dort schnell zurechtgefunden. 2015 stand ich in Gröden erstmals auf einem Weltcup-Podest. Es war ein historisches Ergebnis für Norwegen: Aksel-Lund Svindal gewann vor Kjetil Jansrud und ich wurde Dritter. Einer der schönsten Tage meiner Karriere!
Norwegen ist derzeit sehr erfolgreich in den schnellen Disziplinen, dabei gibt es in Ihrem Land kaum Abfahrtspisten...
Ja, das stimmt. Es ist in Norwegen schwierig, Abfahrtsläufer zu werden. Ein junger Rennfahrer beginnt mit den technischen Disziplinen und kämpft sich dann Schritt für Schritt in den Speed-Disziplinen nach oben. Junge Norweger haben im internationalen Vergleich großen Rückstand, aber auf nationalem Level sind Konkurrenz und Druck kleiner. Ein junger Abfahrer wird behutsam aufgebaut – Qualität statt Quantität. Ganz oben gibt es dann immer einige Weltklasse-Läufer, von denen ein junger Fahrer lernen kann. Das bringt Erfahrung und das ist letztlich entscheidend im Abfahrtssport.
Erfahrung bedeutet, ein Gefühl für die Geschwindigkeit zu bekommen und Erfahrung auf den Weltcup-Pisten zu sammeln, richtig?
Ja, genau. In den ersten Jahren war ich 5 oder 6 Sekunden hinten und habe mich Jahr für Jahr verbessert. Jetzt kann ich vorne mitfahren. Es ist ein großer Vorteil, die Strecken zu kennen und zu wissen, was hinter der nächsten Kurve wartet.
Wie wichtig sind die Mannschaftskollegen Svindal und Jansrud?
Ich habe von den beiden sehr viel gelernt seit ich in der Weltcup-Gruppe bin. Sie fahren bei jedem Training Vollgas und dadurch musste auch ich stets konzentriert bleiben. Es ist häufig passiert, dass ich beim Training mithalten konnte, beim Rennen aber weit zurück lag. Mittlerweile habe ich mich verbessert und habe sie auch in Rennen geschlagen. Ich muss aber noch an meiner Konstanz arbeiten.
Was sind Ihre Ziele für die aktuelle Saison?
2016/17 war für mich ein schwieriges Jahr und deshalb will ich mich wieder zurückkämpfen. Ich will aber nicht zu weit nach vorne schauen, sondern mich auf jedes Rennen neu konzentrieren. Die Vorbereitung lief gut und deshalb bin ich zuversichtlich. Ihre Ziele in Gröden? Ich will den Super-G gewinnen! Die Saslong ist eine meiner Lieblingspisten; sie ist schnell und man schwebt auf der ganzen Strecke viel in der Luft. Gröden bedeutet auch, dass es wieder heim nach Europa geht und dass Weihnachten vor der Tür steht. Ich erinnere mich gerne an die Berge und die Landschaft der Dolomiten. Dazu kommen noch eine Menge vermeintlicher Kleinigkeiten in den Kopf wie das Hotel oder das Essen – beides in Gröden stets wunderbar! Am wichtigsten aber ist das Gefühl, in Gröden auf der Piste zu stehen und die besonderen Momente, die dazugehören. Damit meine ich vor allem die Erinnerung an den Super-G von 2015 mit meinem großen Erfolg.
Wie würden Sie Skifahren in Skandinavien und in den Dolomiten vergleichen?
Die Dolomiten und viele andere Skigebiete in Mitteleuropa bieten viel mehr Möglichkeiten. In Norwegen sind diese begrenzt. Skandinavien hat einen viel feuchteren Schnee, weil das Klima nasser ist. Außerdem sind die Tage kürzer und die Temperaturen kühler. Die Bedingungen sind unterschiedlich und man muss sich anpassen.
Schielen Sie auf den Gesamtweltcup?
Ja, der Gesamtweltcup ist mein großes Ziel seit ich im Weltcup bin. In einigen Jahren möchte ich bis zum Schluss darum kämpfen. Ich bin aber noch nicht so weit! Ich möchte weiter an mir arbeiten und mich Rennen für Rennen konzentrieren. Ich denke, dass die besten Jahre noch vor mir liegen. Ich bin 26 und sehe mich noch immer in einer Lernphase. Hie und da kann ich schon ganz vorne mitfahren, muss aber noch Erfahrung sammeln. Ab 30 erlebt ein Abfahrer seine goldenen Jahre.