„Man muss mit Erfolg und Misserfolg umgehen lernen“

Am Tag des ersten Abfahrtstrainings feierte Christof Innerhofer seinen 40. Geburtstag. Dass der Südtiroler, der zu den erfolgreichsten Athleten der einheimischen Ski-Geschichte gehört, seinen runden Geburtstag auf der Piste feiern konnte, freute ihn ungemein. Im Interview spricht „Inner“ über seine Entwicklung als Mensch und Sportler sowie seine Motivation, auch mit 40 Jahren weiterhin im Weltcup zu fahren.
Heute (17. Dezember) feierst Du Deinen 40. Geburtstag – kein gewöhnlicher Tag also. Gleichzeitig stand hier in Gröden das erste Training auf dem Programm. Wie ist es Dir ergangen?
Christof Innerhofer: Für mich war es letztlich ein Tag wie jeder andere. Ich bin aber sehr froh, dass ich an meinen Geburtstag das tun, was ich am meisten liebe – nämlich Ski fahren. Mein Saisonstart war nicht einfach, aber ich habe in den letzten vier Monaten sehr gute Trainings absolviert, die ich nicht so schnell vergessen will. Bei den Trainingsfahrten habe ich gute Leistungen gezeigt und es war schön, hierher zu kommen und zu sehen, wo ich wirklich stehe. Ich habe mich heuer gleich vom Starthaus weg ziemlich wohlgefühlt.
Dass Du gern nach Gröden kommst, ist keineswegs normal. Lange Zeit war Deine Beziehung zur Saslong so etwas wie eine „Hassliebe“. Hat sich das zuletzt geändert?
Christof Innerhofer: Ja, mittlerweile hat sich das Blatt gewendet, was eigentlich ganz lustig ist. In den ersten zehn bis 15 Jahren meiner Karriere habe ich mich jedes Mal gefreut, wenn die Rennwoche in Gröden vorbei war. Aber seit ein paar Jahren komme ich gerne hierher. Das gehört eben dazu, Dinge verändern sich. Mittlerweile bin ich nicht mehr 20 Jahre alt und längst kein „junger Wilder“ mehr. Auf Strecken wie der Saslong kann man gut seine Erfahrung ausspielen, und die Strecke ist von der Art her ähnlich zu den vielen Trainingsstrecken im Sommer. Daher fühle ich mich mittlerweile echt wohl hier.
Du hast eingangs gesagt, dass Du heute das tun kannst, was Du am liebsten machst: Skifahren. Wie fällt dein Resümee nach knapp zwei Jahrzehnten im Alpinen Ski-Zirkus aus?
Christof Innerhofer: Es war eine wunderschöne Zeit. Rückblickend schätzt man noch mehr, was man alles erreicht hat. Früher war ich oft in einem Hamsterrad gefangen und wollte sofort gewinnen und unbedingt auf das Podest. Wenn ich Achter oder Neunter wurde, dann ist oft die Welt für mich zusammengebrochen. Zusammenfassend kann ich aber sagen, dass der Weltcup eine Art Lebensschule war. Ich habe gelernt, mit Erfolg und Misserfolg umzugehen. Ich habe verstanden, was es braucht, um wirklich glücklich zu sein. Man sieht, wie viele Schulterklopfer es gibt, aber auch wie viele Arschtritte man erhält.
Blicken wir nach vorne: Wie lange soll Deine Karriere im Weltcup noch weitergehen?
Christof Innerhofer: Solange ich meine Ski nicht in den Keller stelle, ist es nicht vorbei. Und ich glaube immer noch daran, dass ich gut fahren kann, auch wenn ich die letzten zwei Jahre nicht das gezeigt habe, was ich mir erhofft habe.
Spürst Du dabei einen gewissen Druck?
Christof Innerhofer: Ich habe gelernt, dass bei vielen die Vorstellung verankert ist, dass ein Sportler immer gewinnen muss. Aber die Realität sieht etwas anders aus, denn auch nach der sportlichen Karriere läuft nicht immer alles perfekt. Deshalb bin ich froh, dass ich in den letzten Jahren gelernt habe, mit schwierigen Situationen umzugehen. Diese Erfahrungen helfen mir enorm weiter. In den letzten Jahren bin ich deshalb vor allem als Mensch gewachsen. Ich weiß, dass die kommenden Wochen für mich wahrscheinlich genauso wichtig werden, wie die Zeit 2006, als ich im Weltcup begann. Ich muss liefern, auch als 40-Jähriger. Aber was vielleicht viele nicht verstehen: Ich habe immer noch gute Ergebnisse für das Nationalteam geliefert und nie einem jungen Fahrer den Platz weggenommen. Deswegen fahre ich mit reinem Gewissen.
Hast Du schon Pläne, was nach Deiner Karriere kommt?
Christof Innerhofer: Das wird sich alles ergeben. Ich kenne meine Stärken und Schwächen, und ich denke, dass ich etwas finden werde, das zu mir passt. Ich werde sicherlich nie jemand sein, der nur als Statist da ist. Wenn ich etwas tue, dann möchte ich es gut machen und vor allem Dinge auch anders machen, wenn sie mir nicht gefallen.
Letzte Frage: Steht zu Deinem runden Geburtstag eine besondere Feier an?
Christof Innerhofer: Eigentlich nicht – meine Freunde und der Fanclub sind hier und wir werden ein paar schöne Stunden verbringen. Ich freue mich immer darauf, mit diesen Leuten zusammenzusitzen, weil sie mich als Christof schätzen und nicht als einen erfolgreichen Skifahrer. Vor zehn Jahren war das noch anders – damals war ich immer vorn dabei und es kamen viele Leute, die heute nicht mehr kommen würden. Es ist schön zu sehen, dass es Leute gibt, die immer noch mit dabei sind.