Markus Foser und sein Rekord für die Ewigkeit
Am 17. Dezember 1993 hat Markus Foser auf der Saslong internationale Skisport-Geschichte geschrieben. Mit der Startnummer 66 raste der Liechtensteiner damals in Gröden zum Sieg – bis heute hat kein anderer Rennläufer mit einer höheren Startnummer eine Weltcup-Abfahrt gewonnen. 30 Jahre nach seinem Triumph kehrt Foser heuer im Rahmen der 56. Saslong Classic nach Gröden zurück – wir haben den sympathischen Ex-Rennläufer bereits im Vorfeld interviewen dürfen.
Herr Foser, mit welchen Gefühlen werden Sie heuer zur Saslong Classic anreisen?
Das werden sehr schöne Gefühle sein. Wenn ich nach Südtirol kommen darf, dann ist das schon an und für sich immer etwas sehr Spezielles. Die schöne Gegend, die netten Leute – für mich passt hier einfach alles perfekt zusammen. Natürlich macht es der Sieg im Jahr 1993 auch besonders. Zum letzten Mal war ich 2017 bei der großen 50-Jahr-Feier in Gröden, danach habe ich es leider nicht mehr geschafft. Deshalb ist die Vorfreude schon groß.
Was geht Ihnen hingegen durch den Kopf, wenn Sie an den 17. Dezember 1993 denken?
Als erstes fällt mir natürlich das ganze Tohuwabohu ein, das nach meinem Überraschungssieg im Ziel herrschte. Ich habe erst nach einigen Minuten realisiert, dass ich gewonnen habe. Ganz speziell denke ich aber auch gerne an Marc Girardelli zurück, den ich an jenem Tag im Hotel schon ein wenig provoziert habe.
Was ist da vorgefallen?
Ich war immer ein Sprücheklopfer und für meine lockere Art bekannt. Nach der Besichtigung sind wir zurück ins Hotel und Marc Girardelli hat – ganz seiner Routine entsprechend – einen Apfelstrudel mit Vanillesauce gegessen. Ich bin an ihm vorbeigegangen und habe ganz provokativ zu ihm gesagt ‚Pass auf, das Rennen fängt erst nach Startnummer 30 an‘. Wie es der Teufel haben wollte, hatte Girardelli Startnummer 30 und ging damit im Rennen auch in Führung.
Doch der Luxemburger Champion hatte die Katze eben noch nicht im Sack...
Nein, denn zuerst war der damals blutjunge Werner Franz aus Österreich mit der Startnummer 52 um 0,12 Sekunden schneller als Marc Girardelli. Und dann kam meine Fahrt über Kamelbuckel, Ciaslat usw., und ich konnte Franz, den ich in der Woche vorher bei einem Europacuprennen in Gröden geschlagen hatte, um 19 Hundertstelsekunden abhängen. Mit Startnummer 66. Das ist heute noch Rekord.
Haben Sie gleich realisiert, was vorgefallen ist, als Sie über die Ziellinie fuhren?
Nein, überhaupt nicht. Ich hatte ein gutes Gefühl, denn meine Fahrt war wirklich ok. Ich habe gedacht, dass ich in die Top6 gefahren bin. Werner Franz hat mir gleich gratuliert, aber da hat es bei mir immer noch nicht geklingelt. Erst nach ein paar Minuten habe ich verstanden, dass mein Namen ganz oben auf der Ergebnisliste stand. Es war der Wahnsinn. Und dann hat der Marathon mit Siegerehrung, unzähligen Interviews usw. begonnen. Es war der Wahnsinn – im positiven Sinne!
Können Sie sich an die Fahrt noch erinnern?
Ja, grundsätzlich schon. Es war von oben bis unten eine blitzsaubere Fahrt. Bei der Ausfahrt Ciaslat hatte ich ein richtig gutes Gefühl, weil mir alle Schlüsselstellen sehr gelungen sind. Trotzdem hätte ich nie gedacht zu gewinnen.
Viele Experten sprachen damals von einem Zufallssieg, der nur aufgrund der veränderten Pistenverhältnisse möglich geworden ist. Wie sehen Sie das?
Es stimmt, dass die Piste wegen einiger Intervallverkürzungen schneller wurde. Aber trotzdem war es kein reiner Zufallssieg, denn ich bin auch in den technischen Passagen Bestzeit gefahren. Außerdem hatte ich in der Vorwoche ein Europacuprennen auf der Saslong gewonnen. Das war vielleicht der entscheidende Vorteil, weil ich schon einige Fahrten in den Beinen hatte – im Gegensatz zu den Weltcupfahrern, die nur einmal trainieren hatten können.
Im Starthaus bekamen Sie sicher mit, dass auch mit den hohen Startnummern noch etwas möglich ist. Ganz ehrlich: Hätten Sie gedacht, dass es ein Sieg werden kann?
Nein, absolut nicht. Ein gutes Ergebnis habe ich mir schon ausgemalt, aber sicher nicht den Sieg. Ich war gut in Form, hatte nach dem Europacupsieg sehr viel Selbstvertrauen, aber ein Sieg – nein, ganz sicher nicht.
Ein Sieg, der auch nach einer schweren Verletzung wie Balsam auf Ihre Seele gewesen sein muss...
Ja, absolut. Ich bin 1990 mit einem Schweizer Konditionstrainer zusammengestoßen, der unter einer Kuppe unterwegs war. Nach diesem Crash hatte ich viele Probleme, konnte auch nie wieder richtig frei fahren und noch heute bremse ich vor unübersichtlichen Kuppen stark ab. Aber in jener Saison hatte ich eine extrem gute Vorbereitung, hatte Top-Material, war locker drauf. Es hat einfach alles zusammengepasst.
Sie haben 38 Weltcuprennen bestritten. Welches war – außer der Sieg in Gröden – Ihr schönstes?
Nach meinem Sieg wurde ich am darauffolgenden Tag 12. in Gröden. Da habe ich bereits bestätigt, dass der Erfolg keine Eintagsfliege war. In derselben Saison war ich auch zum ersten Mal in Kitzbühel am Start und wurde 18. Ich erinnere mich aber auch gerne an die Europacuprennen zurück. Ich hatte viele schöne Erlebnisse und habe meine Zeit als Skiprofi sehr intensiv gelebt – auch ohne ein Seriensieger gewesen zu sein. Ich habe mich an den kleinen Erfolgen gefreut und war froh, wenn ich mein Bestes habe abliefern können.
Was machen Sie heute?
Ich bin seit 23 Jahren im Versicherungsaußendienst tätig, und zwar als Kundenberater für die Allianz. In meiner Freizeit habe ich viel Fußball gespielt, auch mit Mario Frick – der ja in Italien gespielt hat und jetzt Luzern-Trainer ist, sowie mit Marco Büchel. Wir drei sind praktisch in derselben Straße aufgewachsen. Ich mag es zu Golfen, nehme auch an Charity-Turnieren teil und ich gehe auch immer noch Skifahren. Regelmäßig bin ich auch im Fitnessstudio zu finden, um mich fit zu halten. Mit meiner Familie liebe ich es außerdem zu reisen.
Sind Sie dem professionellen Skisport noch verbunden?
Klar verfolge ich die Rennen noch, hauptsächlich die Abfahrten. Ansonsten ist es nach Querelen mit unserem Verband unglücklich verlaufen und auch deshalb bin ich nicht Trainer geworden. Ich habe immer meine Meinung gesagt und solche Typen sind nicht immer gerne gesehen. Mein Weg war dann ein anderer. Aber ich habe unsere jungen Athleten auf dem Radar, verfolge natürlich was sie machen. Vielleicht gibt es ja irgendwann wieder einen Liechtensteiner Sieger auf der Saslong...
Vielen Dank für das Gespräch!