Teil 1: Kurioses aus 54 Ausgaben Saslong Classic
Geschichten über triumphale Siege und nicht weniger große Niederlagen. Über Tricks, waghalsige Sprünge und Raketen unter den Skiern. Über Tiere, die sich auf die Piste verirrt haben. Die Liste der Anekdoten vor der 55. Saslong Classic und dem 100. Weltcuprennen auf der Saslong ist lang. Hier der erste Teil von zehn Kuriositäten zum Lesen, Staunen und Schmunzeln...
Wie alles begann
An diesem Freitagmorgen ticken die Uhren im Grödnertal ein wenig anders. Es liegt etwas in der Luft. Die Menschen sind aufgeregt, fiebern einem wichtigen Ereignis entgegen. Kein Wunder: In wenigen Stunden wird auf der Saslong zum ersten Mal um einen Weltcupsieg gefahren. 36 Tore sind an diesem 14. Februar 1969 ausgeflaggt auf der 3446 Meter langen Strecke mit 839 Metern Höhendifferenz von Ciampinoi auf 2249 Metern Meereshöhe hinab in die Zielarena von Ruaccia auf 1410 Metern über dem Meer. Mit der Startnummer 1 wird der Schweizer Jean-Daniel Dätwyler die Premiere eröffnen. Was er bei seiner Zielankunft noch nicht weiß: Die Zeit von 2.07,75 Minuten wird für den Sieg reichen. Der Franzose Henri Duvillard und Rudi Sailer aus Österreich komplettieren das historische erste Podium.
Zwei Schweizer Skilegenden werden Abfahrtsweltmeister
Nur ein Jahr nach der Weltcup-Premiere werden in Gröden die Alpinen Skiweltmeisterschaften ausgetragen. Die Männer fahren am 15. Februar 1970 auf der Saslong um Gold, Silber und Bronze. In der Nacht vor dem großen Showdown hat es geschneit. Das ist kein Vorteil für die frühen Startnummern. Und so nutzt Bernhard Russi, der als 15. ins Rennen geht, die Gunst der Stunde. 2.24,57 Minuten lautet die Siegerzeit des jungen Eidgenossen, der nicht nur seinen ersten großen Titel, sondern auch seinen ersten Weltcuptriumph in Gröden feiert. Die Abfahrts-Entscheidung der Frauen war da schon vier Tage her. Auf der Cir-Piste in Wolkenstein hatte Annerösli Zryd ihre große Sternstunde und ließ unter anderem die damals blutjunge Annemarie Moser-Pröll aus Österreich hinter sich, die über Bronze jubelte.
Der einzige Südtiroler Abfahrtssieger
Der 16. Dezember 1977 ist ein Tag, der in die Annalen der Südtiroler Sportgeschichte eingehen wird. Es ist jener Tag, an dem es auf der Saslong den bis dato einzigen Abfahrtstriumph eines Rennläufers aus der nördlichsten Provinz Italien geben wird. Laut Aufzeichnungen ist es klirrend kalt in Gröden, die Piste pickelhart und teilweise kann man unter der dünnen Eisschicht das Gras erkennen. Die Favoriten sind alle schon im Ziel, als sich Herbert Plank aus Sterzing aus dem Starthäuschen katapultiert. Der damals 23-Jährige erwischt die Startkurve perfekt, nimmt nach dem Looping extrem viel Schwung ins Flachstück mit. Die Hocke des Wipptalers ist tief, pfeilschnell lässt er die weiteren Schlüsselstellen wie die Sochers-Mauern, die Kamelbuckel – hier hauen ihn die wilden Höcker erbarmungslos durch die Luft – und die Ciaslat hinter sich. 2.01,47 leuchtet im Ziel vor Tausenden Fans auf – und ein „1“er. Und auch wenn das österreichische Team Protest einlegt wegen der angeblich fehlerhaften Zeitnehmung und einer verkleinerten Startnummer – Plank ist Sieger und kann sich feiern lassen.
Ein Sprung für die Ewigkeit
Bis Mitte der 1970er-Jahre heißen sie Sprung des Känguruhs. Bis Sepp Sulzberger kommt, der legendäre FIS-Delegierte von Gröden, und sie kurzerhand in Kamelbuckel umtauft. Doch so richtig bekannt wird eine der Schlüsselstellen der einzigen Südtiroler Weltcupabfahrt am 14. Dezember 1980. Es schlägt die große Stunde von Uli Spieß. Als erster Mensch überspringt der Nordtiroler den zweiten und dritten Kamelbuckel mit einem Luftstand von teilweise sieben Metern und landet sicher nach 50 Metern. Am Ende wird Spieß Fünfter, der Sieg geht an den Schweizer Peter Müller. Doch der große Star des Tages ist jener tapfere Skirennläufer, der den Sprung über die Grödner „Wellen“ als erster gewagt hat.
Der Klammer-Trick
Weltcuprennen 1982. In diesem Jahr finden auf der Saslong zwei Abfahrten statt. Am Freitag ist der Schweizer Conradin Cathomen nicht zu schlagen, lässt Erwin Resch und Franz Klammer hinter sich. Doch vor der zweiten Abfahrt am Samstag greift Klammer ganz tief in die Trickkiste. Auf der Fahrt mit der Bahn hinauf zum Start erzählt er seinem Masseuer, dass er am Abend gefeiert habe und deshalb kaum geschlafen hätte. In der Kabine auch Peter Müller, einer der Favoriten, der so tut, als hätte er nichts gehört. Der topfitte Klammer, der Müller einen Bären aufband, erwischt die perfekte Linie und feiert seinen insgesamt vierten und letzten Triumph auf der Saslong – 48 Hundertstelsekunden vor Müller. Kein Wunder, dass der Eidgenosse ziemlich verärgert gewesen sein soll.